Schützenverein Neuenkirchen-Bieste e. V. 

 



Gründung des Neuenkirchener Schützenvereins und seine erste Entfaltung

Leider fehlen in Neuenkirchen alle schriftlichen Quellen aus der Gründungszeit des Schützenvereins. Die einschlägigen Dokumente sind verlorengegangen. Aber es gibt eine mündliche Überlieferung, die ohne Frage alles Wesentliche über die Umstände der Gründung bekundet. Das Beispiel in anderen Orten des Münsterlandes und der Umgebung, wo um 1850 zahlreiche Schützenvereine entstanden, dürfte bald in Neuenkirchen Schule gemacht haben. Im Laufe der 50er Jahre muss jedenfalls der Gedanke Fuß gefasst haben, das Schützenwesen der Nachbarschaft zu übernehmen

Die eigentliche Gründung soll noch vor 1860 stattgefunden haben. Wenn man in Betracht zieht, dass die alte Fahne aus dem Jahre 1860 stammt, erscheint die Annahme nicht abwegig, dass der Verein schon einige Zeit vorher bestand. Die Anschaffung der Fahne wird kaum sofort bei der Gründung erfolgt sein. Der Verein legt jedoch für seine Legitimation die Jahreszahl 1860 auf der alten Schützenfahne zugrunde. Auch der kleine silberne Vogel an der Schützenkette soll in die Anfangszeit gehören.

Bis 1914 war dieser Vogel im Vereinsbestand. Aus nicht genau bekannten Gründen, wahrscheinlich aus Sicherheitsgründen wegen des bevorstehenden Krieges kam er in den Besitz von Karl Wieghaus (gebbürtig aus Nellinghof) nach Rieste. Dort entdeckte ihn 1951 sein Bruder Heinrich (er war von 1939/51 Schützenkönig Neuenkircben) und informierte den damaligen 1. Vorsitzenden des Schützenvereins Neuenkirchen August Blomendahl. Der Vogel wurde feierlich von Karl Wieghaus abgeholt und in den Besitz des Vereins zurückgeführt. Er gehört in die Neuenkirchener Königskette. Wie und warum er in die Kette der Kompanie Bieste gekommen ist, lässt sich nicht mehr feststellen.

Die Überlieferung sagt freilich nichts über die Persönlichkeiten, denen der Neuenkirchener Schützenverein seine Gründung verdankt. Zweifelsohne waren die führenden Bürger des Ortes daran beteiligt. Es gibt auch keine Anhaltspunkte mehr über die Mitglieder und Vorstände der ersten Jahre. Desgleichen sind die Königspaare jener Tage heute in Vergessenheit geraten. Aber die Erinnerung will von besonders glänzenden Festen wissen. Von Anfang an war der Verein ein Anliegen der gesamten Bevölkerung, und an den Schützenfesten beteiligten sich gleich rege alle Schichten. Diese Tradition konnte bis in die Gegenwart hinübergerettet werden. Ihr gebührt ein Ehrenblatt in der Geschichte des Vereins.

Der damalige Festplatz befand sich auf dem Hofe des Bauern Welage in Neuenkirchen-Neustadt, jetzt Bauer Escher, wo neben einer Schenkwirtschaft auch eine Bierbrauerei betrieben wurde. Er war' bis 1874 in Benutzung. In diesem Jahre errang Bauer Welage selbst die Königswürde. Zur Königin erkor er Frl. Lisette Winner.

Damit sind die verhältnismäßig wenigen sicheren Fakten aus den Anfängen erschöpft. Der Schützenverein Neuenkirchen hat also nicht das hohe Alter und den historischen Charakter ursprünglicher Schützengilden. Dennoch schuf er sich sogleich zu Beginn eine rühmliche Tradition von zäher Lebenskraft. Nach den ersten glänzenden anderthalb Jahrzehnten geschah nämlich eine folgendschwere Umorganisation, die den Verein als solchen stark gefährdete.

Die Zeit der ,,Krieger-Schützenfeste" (1875-1919)

Nach dem Kriege 1870/7~ kamen die sogenannten ,,Kriegervereine" rasch in Blüte. Daraus erwuchs den Schützenvereinen in manchen Dörfern eine starke Konkurrenz. Nur in größeren Orten konnten sich beide Vereine nebeneinander halten. Vielfach gingen sie ineinander auf, wobei dann die Betonung mehr auf ,,Krieger" denn auf ,,Schützen" ruhte. Auch in Neuenkirchen wurde am 1. November 1875 eine solche Lösung geschaffen. Apotheker Pape war der Anreger und Hauptbefürworter dieser Verschmelzung. Er übernahm auch den Vorsitz. Zweiter Vorsitzender wurde der Maurermeister Heinrich Weilage. Als Kassenwart fungierte der Landwirt und spätere Postbote Friedrich Müller. Zum Tambourmajor wählte man den Landwirt Bernard von Höne.

Die ersten gemeinsamen Feste, die gleich den später stets gebräuchlichen Namen ,,Krieger-Schützenfest" bekamen, wurden ab 1875 auf einem Grundstück (,,Michlämmkenboll") des Maurermeisters Weilage in Westerhausen abgehalten. Der Festmarsch erfolgte hinter der Schützenfahne. Diese wurde dann auch noch im Zuge mitgeführt, nachdem im Jahre 1885 eine Kriegerfahne angeschafft und eingeweiht worden war. Im Mittelpunkt stand ein Preisschießen. Das Vogelschießen und die Königskür fielen fort, womit die Veranstaltung ihren bisherigen Hauptakzent verlor. Das wurde von vielen bedauert. Trotzdem gewann das ,,Krieger Schützenfest" in Neuenkirchen den Vorrang unter den Sommerveranstaltungen. Es blieb auch weiterhin das wahre Volksfest, zu dem es der Schützenverein entwickelt hatte. Ein fester Platz fehlte. Die Bauernhöfe der Umgebung boten dafür den schönsten Ersatz. Einige Male wurde auch ein großes Bundeskriegerfest abgehalten.

Nach dem Tode von Apotheker Pape übernahm wiederum dessen Nachfolger, der Apotheker Meyer, den Vorsitz des kombinierten Vereins. Ihm folgte sehr bald der Hauptlehrer Meyer. Krieger und Schützen wuchsen kameradschaftlich zusammen. Wie die Feste, erlebten auch die Versammlungen fortwährend eine bemerkenswerte Teilnahme. Das Vereinslokal wechselte gelegentlich. Im Jahre l9l1 trat Bauer Fritz Knollenberg an die Stelle des verstorbenen Hauptlehrers Meyer. Bald darauf begann der 1. Weltkrieg. Mit den vielen weittragenden Veränderungen in seinem Gefolge brachte sein Ende nachher auch die Wiederauflösung der Union von Kriegern und Schützen, die über 40 Jahre Bestand gehabt hatte. Die reine Schützentradition kam wieder in Neuenkirchen zum Durchbruch.

Das Wiederaufleben der Schützentradition

In der langen Zeit der Verschmelzung von Schützenverein und Kriegerverein war die alte Schützenfahne gleichsam eine fortwährende Mahnung an die ursprüngliche Schützentradition gewesen. Es fanden aber kaum ernsthafte Versuche statt, die Fusion von 1875 wieder zu beseitigen. Jedoch nach dem Ende des 1. Weltkrieges ergaben die Zeitverhältnisse und die neue Auffassung eine veränderte Situation, die dazu führte, dass der Schützenverein sich wieder selbständig machte. Natürlich verlief die Operation nicht ohne zeitweilige Schmerzen. Gegen eine Trennung wurden die ,,Rechte" des ,,Kriegervereins" oder der ,,Kriegerkameradschaft" ins Treffen gebracht. Als Landwirt Heinrich Lindemann, Grapperhausen, dann Unterschriften sammelte, bewies das Ergebnis eine klare Stimmung für einen unabhängigen Schützenverein. Auch die Bauern Bernhard Steinkamp-Bergmann, August Blomendahl-Grapperhausen und Gerhard Wördemann-Nellinghof, traten für die Sache des Schützenvereins ein. Der neue Vorstand setzte sich zusammen aus dem Bauern Fritz Knollenberg als 1. Vorsitzenden, dem Apotheker Schümmelfeder als Schriftführer und dem Kaufmann Wehmeyer als Kassenführer. Bauer August Blomendahl wurde Schützenhauptmann.

Die Entwicklung zeigte bald die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges. Das Wiederaufleben der Neuenkirchener Schützentradition von 1860 entsprang einer gesunden Quelle. Freilich bildete sich später auch wieder ein Kriegerverein. Alle Versuche einer erneuten Verschmelzung beider Vereine scheiterten fortan am entschiedenen Willen, den Schützenverein selbständig weiterzuführen. Heute steht der Verein fester denn je in seiner Tradition.

Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen

(1919-1939)

Der Spätsommer 1919 sah in Neuenkirchen nach den Entbehrungen und Nöten des ersten Weltkrieges ein Schützenfest, wie es glänzender vorher niemals gefeiert worden war. Stolz führte die 60 Jahre alte Schützenfahne den Tangen Schützenzug wieder an. Am zweiten Tage des Festes (1. September 1919) fiel auch endlich wieder ein Königsschuss in Neuenkirchen. Das Königspaar dieses Festes war:

Bauer Emil Schneithorst Neuenkirchen und dessen spätere Gemahlin, Frl. Elli Erdbrügge Nellinghof. Auch die letzte Königin aus dem Jahre 1874, Frau Ww. Anton Wördemann-Nellinghof, kam zu neuen Ehren und saß mit auf dem Thron. Damit erschien sogar äußerlich die mehr als 40jährige ,,Krieger-Schützenzeit" überbrückt.

Festplatz war der bekannte landschaftlich schön gelegene Gemeindeplacken der Wittenbergsiedlung. Er hatte dann diese Funktion anschließend lange Zeit. Ein rauschendes Schützenfest nach dem anderen ging hier in den folgenden Jahren über die Bühne. Die Beliebtheit dieser volkstümlichen Veranstaltung wuchs bis zum Beginn des 2. Weltkrieges, der die Weiterentfaltung fast für ein Jahrzehnt unterbrach. Ungezählte Nachbar- und Gastvereine konnten auf diesem traditionsreichen Platz willkommen geheißen werden. Die Namen aller Besucher aus dieser glorreichen Zeit würden Bände füllen.

Schon im Jahre 1920/21 wurde dort eine großzügige Schießsportanlage mit zwei Ständen a 100 m und drei Ständen a 50 m geschaffen. 1936 entstand eine geräumige Schützenhalle (während des Krieges 1939/45 Kriegsgefangenenlager, nachher Vertriebenenunterkunft.

In all dieser Zeit herrschte reges Leben im Neuenkirchener Schützenverein. 1938 trat der Schützenverein Bieste, der von 1933 – 1938 bei Stickfort eigene Feste gefeiert hatte, mit Fahne als Kompanie bei.

Der Schießsport wurde eifrig gepflegt. Anlässlich eines Schießwettbewerbs unter den Vereinen des Kreises Vechta in Vechta im Jahre 1938 erhielt Schützenbruder Aloys Taubke-Westerhaus Grapperhausen für seine vorzügliche Leistung als Erster im Kreise Vechta eine Auszeichnung in Silber. Häufig war man bei Nachbarvereinen zu Gast und nahm auch dort an schießsportlichen Veranstaltungen und Schützenfesten teil.

Allerdings kannte das Neuenkirchener Schützenwesen von Anfang an keine überschwängliche Vereinsmeierei. Diese Einstellung verhinderte stets Auswüchse und Extreme. Bis heute ist sie charakteristisch sowohl für die allgemeinen Neuenkirchener Verhältnisse als auch für das zwar volkstümliche, aber niemals überschäumende Schützenfest. Die Schützenbrüder von Neuenkirchen wollen weder allzu schneidig sein, noch strenge soldatische Bräuche nachahmen. Ihr Vereinswesen hat mehr schießsportliche und gesellige Traditionen entwickelt.

Von der Nachkriegszeit bis zum Jubelfest 1960

Während des Krieges 1939/45 musste in Neuenkirchen, wie auch anderswo, das Schützenwesen ruhen. Die Zeit stellte ernstere Aufgaben. Nachher war in unserer besetzten Heimat jeglicher Waffenbesitz verboten. Auch das gesamte Vereinsleben erfuhr mehrere Jahre lang vielfache Einschränkungen. Auf dem ,,Wittenberg" entstand während des Krieges ein Gefangenenlager, aus dem nachher ein Vertriebenenlager wurde. Die Schießstände gerieten in Verfall. So vergingen mehrere Jahre nach dem Ende des opferreichen und verhängnisvollen Krieges, bevor die Neuenkirchener Schützentradition sich mit neuem aktiven Leben füllen konnte.

Als die Militärregierung die Schützenvereine im Jahre 1949 wieder zuließ, fanden sich auch bald in Neuenkirchen die Schützenbrüder kameradschaftlich zusammen, um die Lage beratend zu klären. Fahne und Schützenkette waren von mutigen Händen vor dem Zugriff der Besatzungsmächte in Sicherheit gebracht worden. Im Winter 1950/51 fand bei Aloys Taubke-Westerhaus, Grapperhausen, die erste Generalversammlung nach dem 2. Weltkriege statt. Sie errichtete den traditionsreichen Verein auf den alten und bewährten Fundamenten, gleichsam im neuen Gewande, zunächst unter der Führung des Vorkriegsvorstandes.

Die erste Generalversammlung beschloss ferner für den Sommer 1951 das erste Schützenfest nach dem Weltkriege. ,,Feuerwaffen" bzw. Kugelbüchsen aller Art waren zunächst verboten. So bediente man sich der altmodischen ,,Armbrust" mit Pfeilen, um den Königsschützen zu vermitteln. Der letzte Schützenkönig aus der Zeit vor dem Kriege war Bauer Heinrich Wieghaus-Nellinghof gewesen. Er trat nun sein langes Amt an Bauer Klaus Frye-Fladderlohausen ab, der seine Gemahlin Liesel, geb. Nagel, zur Königinnenwürde erhob.

Das erste Schützenfest der jüngsten Geschichte des Vereins nahm nach der Pause von mehr als einem Jahrzehnt einen besonders glänzenden Verlauf. Wieder zeigte sich, dass der Verein und sein Fest die traditionelle Volkstümlichkeit erhalten konnten. Nunmehr wurden auch die Vertriebenen aus dem Osten in die Kameradschaft des Vereins und die frohe Gemeinschaft des Schützenfestes eingeschlossen; denn das Neuenkirchener Schützenwesen hat seit je den Anspruch erhoben, eine Angelegenheit aller Bürger über Stand, Politik und Religion hinweg zu sein. Dieser Grundsatz wird seit Jahren mit wachsendem Erfolg in lebendiger Fortsetzung der ureigentlichen Neuenkirchener Schützentradition weiter gepflegt.

Der Verein erlebte bis zum Jubelfeste 1960 eine blühende Entfaltung. Zunächst fanden die Schützenfeste wieder auf dem ,,Wittenberge" statt. Als diese Gemeindeparzelle für Aufsiedlung in Erwägung gezogen wurde, musste ein Ausweg gefunden werden. So entstanden schließlich im Jahre 1955 auf dem Hof Lampe Neuenkirchen, neue Schießsportanlagen. Das letzte Fest auf dem ,,Wittenberge" war 1954. Seit 1954 begeht die Bauernschaft Nellinghof ein eigenes Fest, weil die Schützenkameradschaft Nellinghof einen eigenen Verein gegründet hat.

100 Jahre Schützenverein Neuenkirchen

Im Jahre 1960 konnte der Schützenverein Neuenkirchen voller Stolz auf eine hundertjährige Tradition zurückblicken. Aus diesem Anlas wurde ein großes Jubelfest gefeiert. Die Neuenkirchener Schützen und viele Schützenbrüder aus den Nachbarvereinen trafen sich zum fairen Wettstreit auf ,,Lampen Hof'. Das Jubelfest, in dessen Mittelpunkt die Weihe der neuen Fahne stand, wurde begleitet von der regen Anteilnahme der gesamten Bevölkerung Neuenkirchens.

125 Jahre Schützenverein Neuenkirchen

Im Jahre 1985 konnte der Verein auf 125 jährige Tradition zurückblicken. Pünktlich zu diesem Jubiläum wurde die neue Schützenplatzanlage an der Alfhausenerstrasse fertiggestellt. Zwei Festwochen begannen am Freitag, 05.07.1985 mit der kirchlichen Einweihung der neuen Platzanlage. Am Abend fand ein großer Tanzabend für Jung und Alt statt.

Am Samstag, 06.07.1985 fand in den Nachmittagsstunden ein großes Jagdhornbläsertreffen mit musikalischen Darbietungen statt. Ein abendlicher Kommers mit geladenen Gästen und Vereinsmitgliedern schloss sich an.

Am Sonntag feierte man in der katholischen und in der evangelischen Kirche jeweils ein vom Schützenverein gestalteten Gottesdienst. Den kirchlichen Feiern schloss sich ein Platzkonzert an.

Am hauptsächlichen Schützenfestwochenende (13.07.85 – 15.07.85) gab es am Sonntag einen großen Festumzug mit vielen befreundeten Vereinen. Ca. 1000 Schützen, 6 Musikkappellen, der Fahr- und Reitverein, 3 Kutschen und ein Brauerei Prunkwagen sowie eine große Kinderschar zogen durch die Strassen von Neuenkirchen. Das Jubelfest klang am Montag nach der Proklamation des Kaisers und des Königs mit einem Festball aus.

150 Jahre Schützenverein Neuenkirchen

Im Jahre 2010 konnte der Verein auf 150 jährige Tradition zurückblicken. Das Schützenjahr begann mit einer Neujahrsempfang für Nachbarvereine, Freunde und geladene Gäste.

Das Schützenfestwochenende begann Freitagabend mit einen Kommers und einem großen Zapfenstreich bei Fackellicht. Samstagabend fand eine Schützenmesse und Tanzabend für alle Gäste statt. Im Herbst führten wir Freitagsabends den großen Kreiskönigsball und das Kreiskönigsschießen durch. Samstagabend fand eine "Fete für junge Leute" statt. Sonntags war dann das Kinderkreiskönigsschießen statt, erstmalig mit einem vorangegangenen Umzug.